Für Menschen, Mitwelt und Kultur – Radislav Baros

Die Stiftung bezweckt Ausschüttungen an schweizerische, vom Stiftungsrat ausgewählte, wohltätige und gemeinnützige (und somit steuerbefreite) Institutionen. Die Stiftung kann überdies auf Antrag hin unterstützen: a) Bedürftige Menschen mit beschränkten finanziellen Mitteln in der Schweiz, insbesondere zur Ermöglichung von Studien- und Ausbildungsgängen im In- und Ausland; b) Kulturelle und musikalische Anlässe sowie Projekte von talentierten Künstlern und Musikern.

Radislav Baros, der Stifter (1955 – 2024)


Radislav Baros wurde am 5. März 1955 in der damaligen Tschechoslowakei (heute Tschechien) geboren. Nach abgeschlossener Maturität absolvierte er die Ausbildung zum Glas-Designer. Die Zulassung zum Studium der Kunstgeschichte war ihm verwehrt. Unter dem damalig russisch kontrollierten Regime wäre eine Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei erforderlich gewesen, was Radislav Baros vehement ablehnte. 1982 – also noch Jahre vor dem Mauerfall - wurde Radislav Baros nach seiner Einreise in die Schweiz Asyl gewährt. 1996 erhielt er den Schweizer Pass mit Bürgerort Bern. Im Januar 2024 ist Herr Baros während eines Auslandaufenthalts unerwartet gestorben. Im Kreis seiner Familie in Horni Becva (Tschechien) fand er seine letzte Ruhe.

Porträt

Historie


Engagements, das Berner Puppentheater (1969 – 1991) und Gertrud Kuhn

Seine Berufung fand Radislav Baros im Berner Puppentheater, das anfangs 1969 durch Rolf Meyer und Martin Friedli als verantwortliche Leiter gegründet worden war. Das Puppentheater agierte mit eigens kreierten Stabpuppen. Der damalige Stadtpräsident Reynold Tschäppät würdigte das Puppentheater im Programmheft 1976:

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"Auf den ersten Blick möchte man meinen, aus Kunststoff hergestellte, mechanisch bewegte Puppen könnten niemals an die Stelle lebendiger Schauspieler treten; nach einer Aufführung wird man aber anders urteilen. Diese Figuren erhalten das Leben durch die Künstler, die sie unsichtbar führen, und durch den dichterischen Text, der ihre Bewegungen und Gebärden begleitet, und es geht nicht lange, so vergisst man die Künstlichkeit und erlebt nur noch die Kunst, die bei diesem Theater so vollkommen ist, dass man oft schwören möchte, die Akteure hätten den Mund bewegt oder die Stirn gerunzelt!“

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Nebst den bekannten Kindermärchen inszenierten die Theaterleute anspruchsvolle Werke für Erwachsene, namentlich die Mozart-Opern „Zauberflöte“ oder „Die Entführung aus dem Serail“. In der „Entführung aus dem Serail“ übernahm Radislav Baros erstmals eine Sprechrolle, was ihn mächtig freute - auch zur Freude des Publikums an seinem Akzent. Das theatergerecht adaptierte Werk von Jeremias Gotthelf „Die schwarze Spinne“ spielte das Berner Puppentheater in der Besetzung mit Radislav Baros seinen Angaben zufolge über tausend Mal. Mit der Stabpuppe Frieda schuf das Theater-Trio zudem eine echt bernische, charaktervolle Figur, welche beim Auftritt mit ihren träfen Sprüchen jeweils Narrenfreiheit genoss, sei es bei Begrüssung, Abschied oder als Einlage. Ihr witziges und manchmal auch freche Mundwerk gefiel, man verzieh der neugierigen und vorwitzigen Garderobière – es war ja nur die Frieda! Puppe Frieda, die sympathische Garderobenfrau von Bern, ist seit 1989 stolze Preisträgerin des am Zibele-Märit verliehenden „Bäredräck“-Preises.

Für Aufführungen konnten die Puppenspieler ab 1980 das Theater „Vis à vis“ an der Gerechtigkeitsgasse 31 beziehen. Das Berner Puppentheater wuchs zu einer bekannten Spielstätte mit grossem Ansehen in der Fachwelt heran. Auftritte erfolgten im In- und Ausland, so unter anderem in Deutschland, Polen, Ungarn, Tschechien und Russland. 1992 übergab das erfolgreiche Ensemble das Berner Puppentheater in neue Hände. Die ruhmreichen Spielfiguren zur Aufführung „Entführung aus dem Serail“ schenkte das Ensemble 1991 der Schweizerischen Theatersammlung in Bern.

Wichtige Wegbegleiterin von Radislav Baros war die in Biel aufgewachsene, alleinstehende Gertrud Kuhn, welche das Puppentheater zu Lebzeiten begeistert und treu unterstützte. Im Puppentheater fühlte sie sich – selbstlos und fünf Sprachen sprechend - zu Hause, sie fand hier ihre Familie („Das isch üses Theater“). Radislav Baros blieb Frau Kuhn mit ihrem Frohsinn auch in den letzten Lebensjahren eng verbunden. Fachgerecht und bis zu ihrem Tod betreute er sie auf ihren Wunsch umfassend und fürsorglich im zuletzt bezogenen gemeinsamen Domizil in Bäch/SZ, auch als ihre Kräfte stark nachliessen. Sie ist es, die Radislav Baros ermunterte, Schweizerdeutsch zu lernen. Als Einstieg schenkte sie ihm das in Mundart verfasste Buch von Hanes Pfister, „Bärner Brattiggschichte“, mit der Widmung: „Meinen besten Freunden!“.

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